Der Begriff der Seele hat viele Bedeutungen, von denen einige so unterschiedlich sind, dass sie kaum miteinander in Einklang gebracht werden können. Die antike Vorstellung von der Seele war noch so nahe an der des Geistes oder Gespenstes, dass man sich leicht vorstellen konnte, sie sei mit diesem identisch. Es ist üblich, sich die Seele als eine Art Lebensprinzip vorzustellen, das den Menschen beseelt und seine Individualität garantiert. In diesem Sinne spricht man von einer persönlichen Seele oder Anima, die unsterblich ist und nach dem Tod weiterlebt.

In früheren Zeiten, als die Menschen noch an Gespenster glaubten, war es nicht unüblich, sich die persönliche Seele als eine Art Geist vorzustellen, der im Körper des Menschen wohnt. Ihre Heimat vor der Geburt war der Himmel, von wo aus sie in die irdische Existenz hinabstieg; nach dem Tod kehrte sie wieder in den Himmel zurück. Diese Vorstellung geht offensichtlich auf primitive Vorstellungen über das Wesen des Menschen zurück, von dem man annahm, dass er zumindest teilweise aus körperlosen Elementen wie dem Geist oder Gespenst besteht.

Die Seele im antiken Griechenland

Es ist bekannt, dass im alten Griechenland das Wort Seele (Psyche) für alles verwendet wurde, was sich bewegt und atmet. Die Idee der Seele war also mit dem Phänomen des Lebens selbst verbunden. Es ist interessant, dass wir auch heute noch die Ausdrücke “er gab sein Leben für sein Land” oder “das Opfer seines Lebens” verwenden. Die Seele wird also mit dem Leben gleichgesetzt. So sagen wir, ein Mensch habe “seine Seele verloren”, wenn er kein Interesse mehr am Leben zeigt; oder ein Mensch kann „seelenlos“ genannt werden, wenn es ihm an Wärme oder Vitalität fehlt. Diese Gleichsetzung von Seele und Leben findet sich bereits bei Homer.

Doch schon bald wurde dieser Begriff auf alle psychischen Phänomene wie Bewusstsein, Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Wollen ausgeweitet. Da Gefühle und Willensakte als unwillkürliche Bewegungen angesehen wurden, galten auch sie als Manifestationen der Seele.”

Die Seele bei den Stoikern

Die Stoiker gehen in ihrer Theorie der menschlichen Natur davon aus, dass die Seele eine körperliche Substanz ist, die eng mit dem Pneuma (Atem oder Luft) verbunden ist. Das griechische Wort für Seele war Psyche, was wörtlich „Atem“ bedeutet. Nach stoischer Auffassung ist die Seele einfach der Lebensatem, der uns beseelt und uns zu lebendigen Wesen macht.

Sie hat eine körperliche Natur und nimmt einen Raum ein. Sie ist also ein natürlicher Teil der physischen Welt. Die Seele ist aber auch das aktive Prinzip, das Leben in den Organismen erzeugt und sie dazu bringt, sich auf bestimmte Weise zu verhalten.

Die Seele zeichnet sich durch zwei grundlegende Fähigkeiten aus:

  • das Vermögen des Denkens (logistikon) und
  • das Vermögen des Begehrens (orektikon).

Die beiden Fähigkeiten sind eng miteinander verbunden. Da wir durch die Vernunft nicht nur wissen, was gut oder böse ist, sondern auch eine Neigung entwickeln, bestimmten Dingen nachzugehen und andere zu vermeiden. Das Vermögen der Vernunft wird manchmal auch als Verstand oder Verständnis (nous) bezeichnet. Während das Vermögen des Verlangens auch als Wille (prohairesis) bezeichnet wird.

Ein Lebewesen ohne Seele ist nicht möglich

Für einen Stoiker ist die Seele das Prinzip, ohne das Lebewesen nicht möglich sind. Die Seele durchdringt alle Teile des Körpers. Vom Kopf bis zu den Zehen, und ist für alle Körperfunktionen und Bewegungen verantwortlich. Sie ist zwar in allem, was lebt und atmet, vorhanden, aber was den Menschen von anderen Tieren und Pflanzen unterscheidet, ist der Besitz der Vernunft.

Die Seele kann in zwei Teile unterteilt werden: den rationalen Teil und den irrationalen Teil. Der rationale Teil hat mit Vernunft und Überlegung zu tun, während der irrationale Teil mit unseren Gefühlen und Begierden zu tun hat.

  • Für einen Stoiker verleiht uns unsere Rationalität die Fähigkeit, uns von anderen Tieren zu unterscheiden, sowie unsere Fähigkeit, im Einklang mit der Natur zu leben.
  • Da unsere Gefühle größtenteils irrational sind, müssen wir sie trainieren, wenn wir gut leben wollen – ähnlich wie wir ein kleines Kind erziehen würden.

Die Seele bei Aristoteles

Aristoteles glaubte, dass der Mensch aus zwei Teilen besteht: dem Körper und der Seele. Der Körper ist nur ein Teil der biologischen Maschinerie, aber was wirklich jedem Menschen seine einzigartige Persönlichkeit und seinen Charakter verleiht, hat mit der Seele zu tun.

Aristoteles gibt uns zwei Gründe für die Annahme, dass alle Lebewesen Seelen haben. Erstens ist er der Meinung, dass alle Lebewesen wachsen und sich fortpflanzen müssen. Das bedeutet, dass sie über ein Prinzip verfügen müssen, das sie von der Potenzialität in die Aktualität verwandelt. Zweitens stellt Aristoteles fest, dass Lebewesen sich verhalten: Sie bewegen sich und führen Funktionen wie Essen und Fortpflanzung aus. Jede Art von Lebewesen hat ihr eigenes charakteristisches Verhalten.

Die Seele ist nicht etwas, das vom Körper getrennt werden kann, sondern sie ist eine Form eines natürlichen Körpers, der potenziell Leben in sich trägt. Sie ist das, was ein Lebewesen lebendig macht. Damit etwas eine Seele hat, muss es also zunächst lebendig sein. Der Begriff „Seele“ kann manchmal mit „Geist“ gleichgesetzt werden, aber Aristoteles verwendet ihn in einem viel weiteren Sinne. Tiere und Pflanzen haben eine, während nicht lebende Organismen wie Felsen keine haben.

Was unterscheidet uns

Für Aristoteles ist die Seele das, was uns von Pflanzen und unbelebten Objekten unterscheidet. Die Seele ist es, die einen Organismus zu einem Organismus macht, und ohne sie wäre der Körper nicht lebendig. Er glaubte, dass es drei Arten von Seelen gibt: Pflanzen-, Tier- und Menschenseelen.

  • Die Pflanzenseele kann weder denken, noch sich selbst bewegen. Das bedeutet, dass Pflanzen weder ein Nervensystem noch ein Gehirn haben. Stattdessen sind sie für ihre Ernährung auf ihre Umgebung angewiesen.
  • Ein Tier hat nicht nur eine Pflanzenseele, sondern auch eine vegetative oder pflanzliche Seele sowie eine tierische oder sensible Seele, die es ihm ermöglicht, sich fortzubewegen und seine Umgebung wahrzunehmen.
  • Die menschliche Seele besteht nach Aristoteles aus einem rationalen Prinzip (logos), vegetativen Prinzipien (nährend und generativ) und desiderativen Fähigkeiten (z. B. Begierden).

Die rationale Seele unterscheidet den Menschen nach Ansicht von Aristoteles von allen anderen Organismen, weil sie uns Intelligenz verleiht und uns in die Lage versetzt, aus eigener Kraft zu überleben, ohne von unserer Umwelt abhängig zu sein.

Das christliche Konzept

Das christliche Konzept der Seele hat seine Wurzeln im Buch Genesis, als Gott Adam und Eva schuf. In Genesis 2,7 lesen wir: “Und Gott, der Herr, formte den Menschen aus Erde vom Staub der Erde und blies in seine Nase den Odem des Lebens. Und der Mensch wurde eine lebendige Seele.”

Das Wort für „Seele“ kann hier auch mit „lebendiges Wesen“ übersetzt werden. Das Wort für „Atem“ kann auch mit „Geist“ übersetzt werden. Der Vers könnte also lauten: “Der Mensch wurde zu einem lebendigen Geist”, aber auch dann würden wir uns immer noch über das hinzugefügte Wort “Geschöpf” wundern.

Dieses Konzept einer lebendigen Seele wurde von dem Apostel Paulus weiterentwickelt. Nach Paulus gibt es zwei Arten von Seelen, die ein Mensch haben kann: Eine natürliche und eine geistliche. Eine natürliche Seele ist das, was wir von Natur aus erhalten, wenn wir in diese Welt geboren werden. Es ist unser Körper aus Fleisch und Blut, den physischen Bedürfnissen wie Hunger, Durst und Schlaf unterworfen ist. Eine geistliche Seele ist das, was wir nach der Wiedergeburt in Christus erhalten.

Gott hat jede einzelne Seele erschaffen

In der christlichen Theologie wird argumentiert, dass Gott jede einzelne Seele direkt erschafft. Entweder im Moment der Empfängnis oder zu einem späteren Zeitpunkt. Das christliche Konzept der Seele ist am besten als der Geist einer Person zu verstehen, der dem Körper Leben verleiht. Die Bibel macht deutlich, dass Menschen zwar sterben, ihre Seelen/Geister aber weiterleben (Matthäus 10,28). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass ihre Geister nach dem Tod in ihrem irdischen Körper weiterleben. Wenn jemand stirbt, geht sein oder ihr Geist entweder zum Herrn in den Himmel oder bleibt für immer in der Hölle (Lukas 16:22-23).

Das christliche Konzept einer unsterblichen Seele stammt aus der antiken griechischen Philosophie und dem späten alttestamentlichen Judentum. Es wurde stark von dem frühen griechischen christlichen Theologen Origenes und von Sokrates beeinflusst. Platon glaubte, dass die menschliche Seele zu Beginn der Zeit von Gott geschaffen wurde und daher unsterblich ist. Dieser Glaube manifestiert sich im Christentum als ein geistiges Wesen, das einen sterblichen Körper besitzt.

Begriff in der religiösen Philosophie

Die Seele ist ein Begriff, der in der religiösen Philosophie verwendet wird, um die geistige Natur des Menschen zu beschreiben. Dieser Begriff wurde von den verschiedenen Religionen unterschiedlich definiert, wobei es oft mehrere Definitionen in einer einzigen Religion gibt.

So lehrt unter anderem das jüdische Christentum, dass der Mensch eine unsterbliche Seele hat, die den Körper beim Tod verlässt. Während der Hinduismus lehrt, dass einige Seelen wiedergeboren werden und andere ewig existieren. Das Konzept findet sich auch im Buddhismus, Konfuzianismus und Jainismus.

In den alten Philosophien Persiens und Babyloniens wurde die Seele oft als identisch mit dem “Doppelgänger” oder “ka” angesehen, und man glaubte, sie wohne bis zum Tod im Herzen oder in der Leber und verlasse dann den Körper für ein Leben im Jenseits.

Die Seele bei den alten Ägyptern

Die alten Ägypter glaubten, dass die Seele aus fünf Teilen besteht: ren (Name), ba (Persönlichkeit), ka (Lebenskraft), khaibit (Schatten) und akhu (Geist). Im alten China wurde die Seele mit dem Atem identifiziert, während sie in Indien mit den Augen in Verbindung gebracht wurde.

Das gängigste Verständnis der Seele im antiken Griechenland war Psyche (“Atem”; vgl. Pneuma), aber es gab auch andere Vorstellungen von ihr: thumos (Sitz der Emotionen) und pneuma (“Lebensatem”).

Platons Lehre der Metempsychose besagte, dass jede menschliche Seele nach dem Tod eine Reihe von Körpern durchläuft, bis sie einen vollkommenen Körper findet, der ihr ständiger Aufenthaltsort ist.

In der Antike glaubten die Menschen, dass die Seele, wenn sie den Körper verlässt, mit Sünden belastet sein könnte, was sie daran hindern würde, in den Himmel zu kommen. Einem Menschen, der in seinem Leben viele Sünden begangen hatte, sagte man, er habe eine „schwere“. Ein guter Mensch hatte eine leichtere und konnte direkt in den Himmel gehen.

Die Seele bei C.G. Jung

Das Erste, was wir über die Seele sagen müssen, ist, dass Jungs Vorstellung davon, was die Seele ist, eine sich entwickelnde war. In den frühen Jahren seiner Karriere sah er die Seele als eine Art Speicher für Bilder, die noch nicht bewusst gemacht wurden, die sich aber zumindest in diese Richtung bewegten. Mit anderen Worten, er sah sie als eine Art unbewusstes.

Zu der Zeit, als Jung die psychologischen Typen schrieb, sah er die Seele jedoch in einem viel dramatischeren Licht. Er glaubte nun, dass es im Leben eine Art von Kraft gibt, die sich oft gegen das Bewusstsein durchsetzt. Diese Kraft hatte ihren Ursprung nicht in der eigenen Psyche des Menschen – sie war kein Produkt der individuellen Psychologie -, sondern war Teil eines umfassenderen psychischen Systems, das jenseits des Menschen existierte und das beispielsweise durch seine Träume auf sein Leben einwirken konnte.

Die drei Komponenten der Psyche

Jung ging davon aus, dass die Psyche aus drei Komponenten besteht: dem Ich, dem persönlichen Unbewussten und dem kollektiven Unbewussten. Er war der Ansicht, dass jeder Mensch zwar ein einzigartiges persönliches unbewusstes hat, ein Teil dieses Unbewussten aber aus Archetypen besteht.

Archetypen sind universelle Modelle von Menschen, Verhaltensweisen oder Persönlichkeiten. Man kann sie sich als Prototypen vorstellen, die es dem Einzelnen ermöglichen, sich in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. So steht unter anderem der Archetyp der Mutter für Fürsorge und Pflege, während der Archetyp der Jungfrau für Reinheit steht. Jung vertrat die Ansicht, dass alle Menschen diese Archetypen besitzen, dass sie aber bei einigen Menschen bewusster sind als bei anderen.

Jung glaubte, dass Ereignisse in unserem Leben bestimmte Archetypen aktivieren und dass jede Erfahrung ein Ausdruck eines oder mehrerer Archetypen ist. Diese aktivierten Archetypen beeinflussen unsere Gedanken und unser Verhalten auf bestimmte Weise. Zum Beispiel kann eine Person, die vor Kurzem ihre Mutter verloren hat, die Erfahrung machen, dass der Mutterarchetyp aktiviert wird, und sie kann damit beginnen, andere zu pflegen, um diesen Archetyp zum Ausdruck zu bringen.

Wenn ein Archetyp aktiviert wird, können wir ihn nach Jung entweder bewusst oder unbewusst erleben. Der Aktivierungsprozess erfolgt durch Erfahrungen oder durch intensive Gefühle wie Angst oder Furcht. Sobald ein Archetyp aktiviert ist, verbindet er sich mit anderen Elementen des kollektiven Unbewussten und bildet so einen “autonomen Komplex”