Der Begriff der Resilienz stammt ursprünglich aus der Physik und beschreibt die Elastizität eines Werkstoffs oder die Widerstandsfähigkeit eines Systems gegenüber Störungen. Ein anschauliches Beispiel für sehr große Resilienz ist, wenn man in der Physik bleibt, ein einfaches Gummiband: Nach dem Ausdehnen findet es sofort wieder in seinen Ursprungszustand zurück. Die Störung, in diesem Fall das Dehnen, hat also keinerlei Schäden hinterlassen.

Ein Beispiel aus dem Kinderzimmer hilft, den Begriff der Resilienz, wie er in der Psychologie benutzt wird, zu verstehen: Das Stehaufmännchen richtet sich immer wieder auf, egal, wie häufig oder heftig es umgestoßen wurde. Resilienz ist demnach die Fähigkeit, schlimme oder schwierige Situationen ohne negative psychische Folgen zu meistern. In der Entwicklungspsychologie meint Resilienz die Widerstandsfähigkeit von Kindern, sich trotz schwieriger Bedingungen unauffällig zu entwickeln.

Resilienzforschung

Entstanden ist die Resilienzforschung vor rund 60 Jahren, als die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner mit ihrer Langzeitstudie auf der hawaiianischen Insel Kauai begann. Über einen Zeitraum von vier Jahrzehnten beobachtete Emmy Werner Kinder, deren Ausgangsbedingungen besonders schlecht waren. Sie lebten in Armut, wurden vernachlässigt, schlecht behandelt oder wuchsen ohne ihre Eltern auf. Zu erwarten war, dass diese Kinder auch im späteren Leben kaum Aussicht auf Erfolg und soziale Anerkennung haben würden. Doch die Langzeitstudie brachte Erstaunliches hervor:

Etwa ein Drittel der beobachteten Kinder wuchs zu selbstbewussten, erfolgreichen Erwachsenen heran. Die wichtigste Erkenntnis aus den Forschungen von Emmy Werner war, dass einige Menschen trotz noch so schlechter Ausgangsbedingungen ihr Leben ausgezeichnet in den Griff bekommen. Die individuellen Unterschiede in der Resilienz können demnach erklären, warum manche Menschen mit großen Belastungen besser klarkommen als andere.

Aus Emmy Werners Studie und folgenden Untersuchungen ging hervor, dass offenbar bestimmte Voraussetzungen die jeweilige Resilienz beeinflussen. So wird wahrscheinlich resilient, wer in der Kindheit eine stabile emotionale Beziehung zu einem Erwachsenen hatte, wer soziale Vorbilder hatte und schon in der Kindheit im passenden Rahmen Verantwortung tragen musste.

Die 7 Faktoren für Resilienz

Wer resilient ist, ist freundlich, gut gelaunt, hat eine positive Grundeinstellung und kann sich schnell an neue Bedingungen anpassen. Resiliente Menschen nehmen die Dinge selbst in die Hand, sehen sich nicht als Opfer eines Schicksalsschlags. Resiliente Menschen nutzen sogar schwere Krisen, um daran zu wachsen. Sie haben ein hohes Selbstwertgefühl und sind in der Lage, Freundschaften zu pflegen. Manche dieser Eigenschaften sind wahrscheinlich genetisch bedingt, andere werden im Laufe der Zeit erworben.

Resilienz Forscher haben sieben Faktoren ausgemacht, die für die Resilienz eine Rolle spielen. Diese Faktoren können gleichzeitig Ansatzpunkte sein, Resilienz zu erlernen.

1. Optimismus

Resiliente Menschen blicken optimistisch in die Zukunft. Sie sind überzeugt, dass die schlechten Erlebnisse endlich sind. Resiliente reden die Dinge nicht schön, aber sie gehen davon aus, dass es beim nächsten Mal besser werden kann. Sie lassen die Möglichkeit der Verbesserung aktiv zu.

2. Akzeptanz der Krise

Resiliente Menschen stellen sich der Krise. Sie schämen sich nicht ihrer damit verbundenen Emotionen, sondern nehmen sich Zeit für ihre Gefühle. Erst danach treffen sie Entscheidungen darüber, wie sie mit der Krise umgehen wollen.

3. Lösungssuche

Resiliente Menschen stecken auch in Krisenzeiten nicht den Kopf in den Sand. Sie versinken nicht in Klagen über das eigene Schicksal, sondern suchen Lösungsansätze für die unbefriedigende Lage. Resiliente schauen nach vorn, nicht nach hinten.

4. Opferrolle verlassen

Resiliente Menschen schaffen es, die Opferrolle, in die auch sie geraten können, zu verlassen. Sie werden aktiv und suchen Wege aus der Krise.

5. Verantwortung übernehmen

Resiliente Menschen schätzen ihren Anteil an der Krise realistisch ein. Sie versinken nicht in Selbstvorwürfen, die unproduktiv wirken. So schützen Sie ihr Selbstwertgefühl. Dies wiederum hilft, künftige Krisen zu meistern.

6. Netzwerk-Orientierung

Resiliente gehen auch in Krisenzeiten auf andere Menschen zu. Sie versuchen nicht, die Probleme allein zu lösen, sondern suchen vielmehr kompetente Ansprechpartner. Resiliente Menschen sind in Netzwerke eingebunden und können daher besser mit Krisen umgehen.

7. Zukunftsplanung

Resiliente Menschen denken in die Zukunft. Sie machen sich vorausschauend Gedanken über bestimmte Situationen, die eintreten können. Dieses vorausschauende Krisenmanagement schützt sie vor bösen Überraschungen und macht sie handlungsfähig, wenn die negative Situation tatsächlich eintritt.

Kann man Resilienz erlernen?

Es ist erwiesen, dass Resilienz zu einem selbstbewussteren und stabileren Umgang mit neuen Situationen führt. So empfiehlt es sich schon für Kinder im Kindergartenalter, Resilienz zu erlernen. Es gibt inzwischen entsprechende Schulungsprogramme für Erzieher in Kindereinrichtungen. Auch an Grundschulen gibt es bereits Resilienz-Training. Je eher das Training beginnt, desto besser. Denn resiliente Kinder gehen mit Stress besser um.

Auch Jugendliche und Erwachsene können Resilienz erlernen, wenn auch der Lernprozess in der Kindheit am reibungslosesten funktioniert. Erwachsene werden es wegen ihres bereits umfangreichen Erfahrungsschatzes schwerer haben beim Umdenken.

Resilienz zu erlernen bedeutet vorzugsweise, bestehende Denkmuster zu durchbrechen und sie Schritt für Schritt umzustellen auf resiliente Strukturen. Es gibt zahlreiche Trainings- und Coaching-Angebote sowie verschiedene Veröffentlichungen zur Resilienz Steigerung. Die sieben Faktoren der Resilienz bilden Ansatzpunkte, an der eigenen Resilienz zu arbeiten. Die sieben Punkte werden auch als Schutzfaktoren bezeichnet, die man bei sich selbst erkennen und gegebenenfalls entsprechend stärken kann.

Es gibt außerdem eine Reihe von Eigenschaften, die resiliente Menschen auszeichnen. An diesen Eigenschaften sollte also arbeiten, wer an seiner Resilienz feilen möchte:

Beziehungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Fantasie, Kreativität, Unabhängigkeit, Humor, Mut, Entschlossenheit, Einsicht und Reflexion.

Sinnvoll und hilfreich ist das Resilienz-Training, um künftig mit Stress- und Krisensituationen besser umgehen zu können. Experten empfehlen, nicht mitten in einer Krise mit dem Training zu beginnen. Besser ist es demnach, an kleineren negativen Erfahrungen zu üben, die eigene Resilienz im speziellen Fall auf die Probe zu stellen und gegebenenfalls neue Techniken einzuüben.